Einen Platz in der Gesellschaft ermöglichen

Mit der Pandemie und einem umfassenden Umbau waren die
letzten Jahre für das Theresiahaus in Solothurn anspruchsvoll.
Doch nun kann man jungen Menschen mit besonderen Bedürfnissen
eine Ausbildung in zeitgemässer Umgebung ermöglichen.

Seit bald 100 Jahren besteht am nördlichen Stadtrand von Solothurn das Theresiahaus. Die Institution ermöglicht jungen Frauen und Männern mit Lernschwierigkeiten, kognitiven und Mehrfachbeeinträchtigungen eine Ausbildung in der Hauswirtschaft, Hotellerie und Gastronomie sowie im Betriebsunterhalt. «Das Feld der Beeinträchtigungen wird immer breiter», sagt Institutionsleiterin Claudia Plaz. Oft geht es in den Mehrfachbelastungen um Autismus/Spektrum, psychosoziale oder psychische Beeinträchtigungen. Im Theresiahaus können Schulabgängerinnen und Schulabgänger im Hinblick auf die Lehre ein Berufsvorbereitungsjahr absolvieren. Neben diesem Schwerpunktbereich bietet die Institution auch stationäre und ambulante Wohnangebote für Erwachsene, die sich aber ausserhalb des Haupthauses befinden.

Individualisierte Ausbildungen

Ins Leben gerufen wurde das Theresiahaus 1927 durch das Seraphische Liebeswerk Solothurn, das als Verein auf christlicher Grundlage verschiedene Sozialwerke führt. 2016 übernahm eine Stiftung die Trägerschaft des Hauses. Die Grundwerte und Haltungen, sich für junge Menschen mit besonderen Bedürfnissen einzusetzen, werden noch heute, nach 96 Jahren, gelebt. Das Theresiahaus verfügt über 24 Ausbildungsplätze, die von aktuell 23 Mitarbeitenden betreut werden. «Dadurch können wir die Ausbildungen sehr individualisiert anbieten», stellt Claudia Plaz fest. 

Man sei nahe an den Bedürfnissen der Lernenden, wenn sie auf Stufe des Eidgenössischen Berufsattests (EBA) oder der Praktischen Ausbildung (PrA INSOS) ausgebildet werden. Ersteres gibt die Rahmenbedingungen und Anforderungen klar vor, Letztere erlaubt hingegen ein angepassteres Setting. Etwa, wenn es um die Frage geht, wie viel Schulunterricht sinnvoll ist, falls die Zukunftsperspektive der betreffenden Person eine weitere Entwicklung zulässt.

Das Theresiahaus arbeitet eng mit langjährigen Kooperationspartnern zusammen. Wichtig ist eine gute Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sozialversicherungen und dem Kanton Solothurn, wobei hier Amt für Gesellschaft und Soziales, Volksschulamt und IV-Stelle Ansprechpartner sind. Letztere ist für die Zuweisung der Auszubildenden ans Theresiahaus zuständig. Ebenso wichtig sind Partner, welche die Lernenden aus dem Haus für ein Praktikum im ersten Arbeitsmarkt aufnehmen. «Diese Partnerschaften sind ganz wichtig. Die Verantwortlichen dort können gut auf unsere Lernenden eingehen, verstehen die Situation sehr gut und können mit ihr umgehen», führt Claudia Plaz weiter aus. Die Lernenden im Bereich Betriebsunterhalt beispielsweise absolvieren bei der Regio Energie Solothurn ein Sanitär-Praktikum. Im Bereich Hotellerie arbeitet man mit dem «Roten Ochsen» in der Solothurner Vorstadt zusammen.

Weniger Dichte- und Lärmstress

In seinen 96 Jahren kam das Theresiahaus allmählich an seine Grenzen. Mit dem sich verändernden Betrieb wurde zwar auch immer wieder einmal etwas am Haus gemacht – Räume angebaut, andere umgenutzt, die Küche erweitert, ein Hallenbad angebaut. Doch der Wunsch, den Betrieb «aus einem Guss» stattfinden zu lassen, wuchs. Eine umfassende Sanierung, die nahezu das gesamte Jahr 2021 und die ersten Wochen des letzten Jahres in Beschlag nahm, hat aus dem Theresiahaus eine wieder zeitgemässe Einrichtung gemacht. 

Während dieser Zeit genoss der Betrieb Gastrecht in der leerstehenden Kinder und Jugendpsychiatrischen Klinik, die sich knapp 200 Meter westlich an der gleichen Strasse befindet. Dass der Umzug mit der Pandemie zusammenfiel, war aber weniger Belastung als Erleichterung: Im Provisorium verfügte man über viel mehr Platz und konnte so die geltenden Massnahmen umsetzen. Die Pandemie sei sehr anspruchsvoll gewesen, erinnert sich Claudia Plaz. Man versuchte, den Bedürfnissen der Lernenden des Theresiahauses in der Zeit des Lockdowns mit Fernunterricht so gut wie möglich zu entsprechen. Denn wer einen EBA- oder PrA-Abschluss anstrebte, musste trotz allem auf die entsprechende Prüfung vorbereitet werden.

Doch dies ist Vergangenheit: Seit März 2022 arbeiten Betreuende und Lernende im innen komplett erneuerten Theresiahaus. In Bezug auf die Fläche wurde der Betrieb zwar nicht vergrössert, doch der Platz ist nun besser genutzt. Damit habe man den Dichte- und Lärmstress, für den die Lernenden besonders anfällig sind, reduzieren können, erklärt Claudia Plaz. Die Küche entspricht nun heutigen Anforderungen, sodass die betreuten Personen auch tatsächlich an jenen Geräten lernen, die sie im Praktikum auswärts verwenden. Die Regio Energie Solothurn hat sämtliche elektrische Installationen realisiert und ist verantwortlich für die Wärmepumpe und die Gasheizung, die im Rahmen eines Contractings unterhalten werden. Das Theresiahaus verfügt seit jeher über ein Ausbildungsangebot, das den Bedürfnissen entspricht. «Nun verfügen wir auch über ansprechende Räumlichkeiten, die ja letztlich auch ein Teil unseres Angebots sind», zeigt sich Institutionsleiterin Claudia Plaz zufrieden.

Text: Fabian Gressly

Bilder: Michel Lüthi, bilderwerft.ch