Er sucht den Ursprung unseres Wassers
Wasser ist ein lebenswichtiges Lebensmittel, und Andrew Lochbrunner ist den Geheimnissen des Solothurner Grundwassers auf der Spur.
energie 2/2025
Die Schweiz hat den für viele Menschen seltenen Luxus, dass man Wasser bedenkenlos aus dem Wasserhahn und selbst aus öffentlichen Brunnen trinken kann. Und Wasser ist allgegenwärtig in Solothurn. Die Aare ist Zentrum und Lebensader der Stadt, man schwimmt in ihr und flaniert an ihr entlang – doch das lebenswichtige Lebensmittel Wasser der Stadt kommt von anderswo.
Wasser unter einer dicken Lehmschicht
Das Solothurner Wasser stammt aus zwei Grundwasserbrunnen: jenem in der Aarmatt und jenem im Dörnischlag, und seit neuestem auch aus einer Quelle der Gemeinde Langendorf, wie Andrew Lochbrunner erklärt. Zusammen mit seinem Team sorgt er als Leiter Netze Wasser und Fernwärme in Solothurn für sauberes Wasser. Der Dörnischlag hat aktuell eine konzessionierte Menge von 15000 Litern pro Minute, der Brunnen Aarmatt aktuell 10000 Liter pro Minute. Bei den gegenwärtig intensiv diskutierten «Ewigkeits-Chemikalien» PFAS liegen beide Grundwasserbrunnen weit unter den Grenzwerten.
Beim mittlerweile nicht mehr erlaubten Fungizid und Pflanzenschutzmittel Chlorothalonil sind die Werte des Brunnens Luterbach leicht erhöht. Im Brunnen Aarmatt werden die Grenzwerte eingehalten, obwohl diese Fassung beim Bahnhof an der Aare, in unmittelbarer Nähe von alten Industriequartieren und vielen belasteten Böden liegt. Doch der Grundwasserstrom fliesst in etwa 35 Metern Tiefe unter einer dicken Lehmschicht. Diese schützt das Wasser in der Tiefe hervorragend vor allen möglichen Verunreinigungen – und übernimmt die Funktion der fehlenden oberirdischen Grundwasserschutzzone.
Woher der Grundwasserstrom kommt und wohin er weiterfliesst, ist noch nicht bekannt. «Wir wissen nur, dass das Wasser aus dem Brunnen Aarmatt einwandfreies Trinkwasser ist. Und mit Sicherheit kommt es nicht von der Aare», sagt Andrew Lochbrunner. Aktuell finden hierzu Messungen und Untersuchungen statt, der Abschluss des Berichts ist für das zweite Quartal 2025 vorgesehen.
Pumpen für den Druck
Aufgrund der dicken Erdüberdeckung und der Lehmschicht steht das Wasser der Aarmatt unter Druck. Es ist «vorgespannt», wie es im Fachjargon heisst. Der resultierende Druck aus dieser Vorspannung reicht allerdings nicht für die Versorgung des Netzes. Dazu braucht es einen Höhenunterschied – und der wird erreicht, indem die Regio Energie Solothurn das Wasser in die höher gelegenen Wasserreservoire Sunneschyn und Königshof pumpt.
Um die Qualität zu garantieren, gibt es zudem eine UV-Anlage sowie regelmässige Entnahmen von Wasserproben. Im Pumpwerk Aarmatt sind insgesamt fünf Pumpen installiert. Sie laufen je nach Wasserbedarf einzeln oder gemeinsam, wobei die maximale Pumpmenge lediglich 10 000 Liter pro Minute betragen darf, da ansonsten der resultierende Netzdruck zu hoch wird. Zwei Pumpen haben eine Leistung von je 5000 Litern pro Minute, zwei weitere fördern je 10 000 Liter, und eine könnte sogar 20 000 Liter pro Minute pumpen. Diese riesige, alte Sulzer-Pumpe wurde aber für die Netzversorgung nie eingesetzt und ist inzwischen nicht mehr betriebsfähig. Denn in den Boomjahren der 1960er rechnete man mit einem sehr starken Bevölkerungswachstum, das nie eingetroffen ist.
Jahrhundertwerke aus drei Jahrhunderten
Mehr als hundert Jahre lang sorgten die Reservoire Gisihubel (Baujahr 1929) und vor allem Steingrube (Baujahr 1880, erweitert 1930) für den Wasserdruck. Doch irgendwann gelangten diese Jahrhundertwerke aus dem letzten und vorletzten Jahrhundert an ihre Grenzen. Deshalb begann ab 2009 die Planung eines neuen Jahrhundertwerks der Wasserversorgung: des Reservoirs Königshof. Dieses liegt auf derselben Höhe wie das Reservoir Bleichenberg, das die Gemeinde Zuchwil mit Wasser versorgt. Damit würde der Zusammenschluss der beiden Netze der Stadt Solothurn und der Gemeinde Zuchwil möglich, der aktuell aber noch nicht umgesetzt wurde.
Mit der Fertigstellung des neuen Reservoirs gingen die beiden altehrwürdigen Reservoire in Pension. Das Reservoir Königshof stellt sicher, dass man in Solothurn und Zuchwil für weitere hundert Jahre Wasser aus Hähnen und Brunnen trinken kann. Und vielleicht findet Andrew Lochbrunner in naher Zukunft auch mehr über die Herkunft des Wassers heraus.
Text: Andreas Schwander
Fotos: Michel Lüthi, BILDERWERFT.CH