Neue Sportstätte für Wasserratten

Die neue Traglufthalle im Sportzentrum Zuchwil macht’s möglich: Künftig kann das
50-Meter-Schwimmbecken im Freibad auch während der Wintermonate betrieben
werden. Denn die Nachfrage nach überdachter Wasserfläche ist gross.

Proif- und Hobbyschwimmer sind sich vermutlich einig: Am besten lässt es sich in einem 50-Meter-Becken trainieren. Solche Anlagen sind in der Schweiz jedoch rar. «Die meisten Hallenbäder verfügen lediglich über 25-Meter-Schwimmbecken, die nicht für den Spitzensport geeignet sind», weiss Urs Jäggi, Direktor der Sportzentrum Zuchwil AG (SZZ AG). Wie in jedem Freibad war auch das 50-Meter-Becken in Zuchwil bisher nur im Sommer während kurzer Zeit geöffnet. Dank einer Traglufthalle kann nun das wettkampftaugliche Schwimmbecken auch im Winter betrieben werden. Hier können Profisportler und die breite Bevölkerung von Mitte September bis Mitte April trainieren.

Für ein «besonderes Badefeeling»

Die Realisierung der imposanten Halle ist Bestandteil einer umfangreichen Freibadsanierung. Die 45-jährigen Betonbecken wurden Anfang dieses Jahres alle mit Chromstahl ausgekleidet. Dieses Material macht sie zu 100 Prozent dicht und sorgt durch den silbernen Schimmer für ein «besonderes Badefeeling», wie Urs Jäggi erklärt. Auch der Sprungturm wurde ersetzt. Mit ihren 67 Metern Länge und Platz für drei Personen gleichzeitig ist die neue Rutsche ein besonderes Highlight für alle Badibesucher.

Den Zuschlag für die Installation der Frischwasser- und Abwasserleitungen für die neuen Becken, die Wintergarderoben sowie für  die Schwimmbadtechnik bekam die Regio Energie Solothurn. Die  Mitarbeitenden der Abteilung Sanitärinstallationen bauten neue Versorgungsleitungen ein und installierten im Aussenbereich Standduschen  sowie weitere Wasser- und Reinigungsanschlüsse.

«Über Wasser gehen»

Das rund um das 50-Meter-Becken verlaufende Traglufthallenfundament, in welches bei der Sanierung zahlreiche Gewindehülsen eingegossen wurden, fügt sich kaum sichtbar in die neue Anlage ein. Die Traglufthalle selbst ist hingegen nicht zu übersehen. Die imposante Konstruktion ist 9,3 Meter hoch, 58 Meter lang und besteht aus fünf 1,4 Tonnen schweren Kunststoffelementen, die eine Innenhülle und eine Aussenhülle bilden. «Wir haben Material verwendet, das demjenigen von Lastwagenblachen ähnelt», erklärt Urs Jäggi. Mitte September 2019 wurde die Halle zum ersten Mal aufgebaut. Damit das 1,5 Millionen Liter Wasser fassende Becken nicht
entleert werden musste, wurde für die Aufbauarbeiten eine grosse Blache über das Schwimmbecken gespannt. «Damit konnte man buchstäblich über Wasser gehen», so der Direktor. 

Anschliessend wurden die Hallenelemente auf die Blache gelegt, untereinander verbunden und mit Klemmen und Schrauben in den Gewindehülsen am Boden verankert. Mit einer Monoblock-Anlage wurde die Halle schliesslich wie ein Ballon aufgeblasen. «Mit dieser Technik sind keine Pfosten oder Gerüste notwendig.» Stattdessen sorgt ein Überdruck im Innern dafür, dass die Halle nicht in sich zusammenfällt. Wer sie betritt, muss deshalb durch eine Druckschleuse gehen. Die Garderoben wurden in ein neues Gebäude neben der Anlage eingebaut und sind mit einem Tunnel mit der Halle verbunden.

Einzigartige technische Ausreifung

In der Schweiz verfügen vier Freibäder über eine Traglufthalle. Die technische Ausreifung des Exemplars in Zuchwil ist jedoch einzigartig. Im Innern der Halle herrscht ein warmes, sehr feuchtes Klima, das ausgeglichen werden muss, da sich sonst die Feuchtigkeit anstaut. Um die Wärme nicht einfach über eine Klappe draussen verpuffen zu lassen, wird ein Wärmerückgewinnungsmodul eingesetzt. Für den Bau der Traglufthalle erhielt die SZZ AG inanzielle Unterstützung von mehreren Partnern, darunter auch von der Regio Energie  Solothurn. Die Energiedienstleisterin ist zugleich Namens- und Farbgeberin der Halle und unterstützt das Projekt mit einem einmaligen Investitionsbeitrag wie auch mit jährlichen Betriebsbeiträgen und einem Bahnsponsoring.

Abwärme aus der Eisproduktion nutzen 

Für den Betrieb ihrer Anlagen benötigt die SZZ AG viel Energie. Ursprünglich wurde im Sportzentrum mit Öl geheizt. Mit dem Bau des 34 Grad warmen Wellnesspools vergrösserte sich der Energiebedarf jedoch stark, weshalb eine energieefizientere Lösung gefunden werden musste. Seit 2008 ist die SZZ AG deshalb an das Fernwärmenetz der Regio Energie Solothurn angeschlossen. Mit diesem Umstieg konnte sie seither über 3700 Tonnen CO2 einsparen. Damit könnte eine Person 446 Mal um die Welt liegen. Im täglichen Betrieb wird jedoch auch Energie erzeugt. «Bei der Eisproduktion für unsere Eishallen entsteht Abwärme», erklärt Urs Jäggi. Dieser Vorgangfunktioniert wie ein Kühlschrank: Den Betonplatten unter den Feldern wird so viel Wärme entzogen, bis das Wasser darauf gefriert. «Die entzogene Wärme lassen wir nicht einfach in der Luft verpuffen, sondern nutzen sie zum Heizen der Gebäude und des Wassers.» Ist zu viel Abwärme vorhanden, wird diese in die Aare geleitet. Umgekehrt kann das Sportzentrum dem Aarewasser mit einer Wärmepumpe auch Wärme entziehen. Erst wenn mehr Wärme benötigt wird, als mit der Eisproduktion und dem Aarewasser zur Verfügung steht, greift die SZZ AG auf Fernwärme zurück. Dies ist vorwiegendin den kalten Monaten der Fall.

400 000 Besucher pro Jahr

Die Einweihung der Traglufthalle am  28. September 2019 war der jüngste Meilenstein in der Geschichte der  SZZ AG. Diese begann mit der Eröffnung des Hallenbads und des Freibads  im Jahr 1974. In den kommenden Jahrzehnten entwickelte sich das  Sportzentrum zu einem der grössten in der Schweiz mit Eishalle und  Ausseneisfeld, das im Sommer zu einem Tennisplatz umfunktioniert wird,  einer Dreifachturnhalle, einem Saunapark und Wellnesspool sowie einem  Hotelbetrieb, der über ca. 200 Betten und ein Restaurant verfügt. Anfang  Oktober wurden die Sportplätze mit einem Kunstrasen ergänzt. 

Mit dieser umfangreichen Infrastruktur ist das Sportzentrum insbesondere zur Durchführung von Sportlagern beliebt. Die gesamte Anlage erstreckt sich auf einer Fläche von 85 000 Quadratmetern und zählt jährlich rund 400 000 Besucherinnen und Besucher. Mit der neuen Traglufthalle werden es nun sicher noch ein paar Triathleten, Crawler und andere Wassersportler mehr sein.

Text: Barbara Graber
Fotos: Bilderwerft media/Michel Lüthi