Eine «Prise Pub-Feeling»

Das Pintli in St. Niklaus-Feldbrunnen zeichnet sich durch ein
originelles Ambiente und aussergewöhnliche Menüs aus.

«Wer staubt das nur alles ab?» Diese Frage hören Sylvia Aebi und Stephan Zumbach öfter, vor allem von Schweizer Gästen. In der Tat gibt es in ihrem Restaurant in St. Niklaus-Feldbrunnen so einiges abzustauben. Beim Rundgang durch Gaststube und Garten kann man sich kaum sattsehen an der Fülle an Dekorationsmaterial. Unzählige Blechdosen reihen sich etwa auf den Fensterbänken. Eine Wand ist vollbehängt mit Dosen der Marke Turmac, einer ehemaligen Zürcher Tabakfabrik. Vor dem Haus rosten Schreibmaschinen langsam vor sich hin. Alte Giesskannen und Drahtkörbe hängen in den Baumkronen im Garten über den Köpfen der Gäste.

Altes mit Altem verbinden

2005 haben Sylvia Aebi und Stephan Zumbach das Pintli übernommen, zuerst als Pächter, dann als Inhaber. Seither haben sie viel Liebe und Herzblut in ihr Restaurant gesteckt. Die Vorbesitzer hätten versucht, das über 200 Jahre alte Gebäude zu modernisieren, indem sie es mit modernen Möbeln ausstatteten. «Das sah aber nicht harmonisch aus», so Sylvia Aebi. Zum alten Holz an den Wänden der Gaststube kombinieren sie stattdessen «alte» Gegenstände. So stammen Stühle, Tische und Dekoration aus der Brockenstube oder dem Internet. 

«Uns ist Nachhaltigkeit wichtig. Das bedeutet für uns auch, dass wir wo immer möglich bereits Bestehendes wiederverwenden.» So wurden zum Beispiel antike Nähmaschinentische zu Gartentischen umfunktioniert. In einer Ecke des Gartens nimmt man in einem Doppelsessel der ehemaligen Weissenstein-Sesselbahn Platz. Eine Lärmschutzwand besteht aus leeren Glasflaschen. Und die Speisekarte rollt auf einem Nachttisch aus Grossmutters Zeiten zu den Gästen. «Meine Frau hat die guten Ideen, ich erledige dann das Handwerkliche», sagt Stephan Zumbach. In diese Ideen fliessen oft auch die Wurzeln der gebürtigen Engländerin mit ein – eine Prise «Pub-Feeling», wie sie es nennt.

Eine Gasheizung bot sich an

Das 1788 gebaute Gebäude wurde bis 1950 immer wieder erweitert. Zur Liegenschaft gehören auch noch fünf Wohnungen und ein Anbau, früher die Werkstatt eines Steinhauers. Diesen nutzt das Wirtepaar heute als Eventlokal mit industriell angehauchter Atmosphäre.

Bis 2012 wurde im Pintli und bis 2019 in den Wohnungen mit Öl geheizt. Als die Heizungen ersetzt werden mussten, bot sich Gas an, da im Restaurant und in einer der Wohnungen bereits mit Gas gekocht wurde und somit ein Anschluss vorhanden war. «Den Platz, den die Öltanks beansprucht haben, können wir sehr gut auch anderweitig nutzen», sagt Stephan Zumstein. Für die neuen Heizungen, die von der Regio Energie Solothurn installiert wurden, haben Sylvia Aebi und Stephan Zumstein einen Contracting-vertrag mit der Energiedienstleisterin abgeschlossen. Diese finanziert, betreibt und unterhält die Heizung. Die Wärme bezieht das Ehepaar im Abo. «Dieses Modell finden wir sinnvoll. Wir müssen uns um nichts kümmern», sind sie sich einig.

Lachs Gin Tonic

Auf das Kochen mit Gas möchte Stephan Zumbach nicht mehr verzichten. Für seine Gerichte kommen frische und regional hergestellte Lebensmittel in ausgefallenen Kombinationen zum Einsatz. «Wir experimentieren gerne mit verschiedenen Geschmacksrichtungen», sagt er. «Rahmschnitzel mit Champignonsauce gibt es bei uns nicht.» So ist die Vorspeise mit Namen «Lachs Gin Tonic» nichts Ungewöhnliches auf der Speisekarte. Oder die Beeren aus dem eigenen Garten werden in der Biersauce zum Rind verwertet. Und zum Dessert wird die Joghurtglace mit Kräutermeringues und geeistem Stangensellerie serviert. «Wir versuchen immer wieder, neue Rezepte zu kreieren und unsere Ideen weiterzuentwickeln. Das ist wichtig, sonst bleibt man stehen», sagt Sylvia Aebi.

Zwangspause durch Corona

Den Stillstand während des Lockdowns konnte jedoch auch das Wirtepaar nicht verhindern. Nach anfänglichem Schock nutzten sie die Zeit für Renovationsarbeiten. Trotz der Lockerungen sind sie noch nicht wieder im Normalbetrieb angelangt. «Wir können aufgrund der Abstandsregeln nur die Hälfte der Plätze belegen», so Stephan Zumstein. Um mehr Gäste zu bewirten, haben sie den Abend in zwei Servicezeiten unterteilt. «Es ist nach wie vor eine Herausforderung. Wir haben aber ein gutes Team, das mitzieht.» Für die Einhaltung der Schutzmassnahmen bleiben sie dem Pintli-Style treu: Anstelle von Plexiglasscheiben haben sich Kommoden und Sessel als Tischabtrennungen zu den Blechdosen in die Gaststube gesellt. Alles bekommt seinen Platz im Pintli.

Text: Barbara Graber
Bilder: Bilderwerft media, Michel Lüthi